Praktikumsbericht aus  Tansania

Praktikumsbericht aus dem Faraja Hospital, Himo, Tansania (31.03 - 17.04.2019)

Im April durfte Lena Kenn bei Dr. Minja in seinem Krankenhaus einen Teil ihres PJs absolvieren. Dies war eine intensive und eindrückliche Zeit, insbesondere, wenn man aus einem deutschen Krankenhaus mit Maximalversorgung mit seinen hoch entwickelten Standards kommt. Natürlich fallen zunächst die Unterschiede ins Auge wie z.B. die fehlenden diagnostischen Möglichkeiten wie CT oder eine lückenlose Überwachung der Vitalparameter und die eingeschränkten therapeutischen Möglichkeiten.

Praktikumsbericht aus dem Faraja Hospital, Himo, Tansania

m April durfte ich bei Dr. Minja in seinem Krankenhaus einen Teil meines PJs absolvieren. Dies war eine intensive und eindrückliche Zeit, insbesondere, wenn man aus einem deutschen Krankenhaus mit Maximalversorgung mit seinen hoch entwickelten Standards kommt. Natürlich fallen zunächst die Unterschiede ins Auge wie z. B. die fehlenden diagnostischen Möglichkeiten wie CT oder eine lückenlose Überwachung der Vitalparameter und die eingeschränkten therapeutischen Möglichkeiten. Insbesondere bei der Schmerztherapie bestehen Probleme, da Morphin auf Grund der Regularien und hohen Anforderungen der Regierung schwierig zu erhalten ist. In der Notfallambulanz gibt es z.B. nur einen Beckengurt und nur wenige Stiff Necks (Halskrausen), da diese immer wieder verschwinden, z.B. bei einer Verlegung in das nächstgrößere Krankenhaus KCMC, welches diese Art von Equipment nicht hat.

Für mich war es anfangs schwierig, zu sehen, dass Patienten nicht einfach alle sofort behandelt werden können, sondern zunächst sichergestellt werden muss, ob er versichert ist oder ansonsten ein Angehöriger für die erforderliche Diagnostik oder Therapie im Voraus zahlt. Das ist eine zunächst befremdende, aber wie sich zeigte existentielle Notwendigkeit für die Klinik, um wirtschaftlich überhaupt existieren zu können. Ansonsten verschwinden Patienten häufig ohne Bezahlung nach der Behandlung. So kann es sein, dass ein Patient mit Knochenbruch stundenlang warten muss, bis er ein Röntgen oder Gips erhält oder ein Polytrauma in das Regionalkrankenhaus für Schädel-CT und ggf. neurochirurgische Versorgung verlegt werden kann.

Auch die operativen Möglichkeiten sind noch beschränkt. Aktuell werden vor allem kürzere Eingriffe wie Blinddarmentfernung oder Gebärmutterentfernung und kleinere unfallchirugische OPs wie Fixateur externe Anlagen oder Knochennagelung durchgeführt. Diese Operationen erfolgen in der Regel in Spinalanästhesie, zunächst im Vergleich zu deutschen Standards ungewöhnlich. Eine Verlängerung der Lokalanästhesie ist wegen fehlender Kathetersysteme nicht möglich, so dass die Schmerzfreiheit nur dann gut funktioniert, solange sich die OP zeitlich im Rahmen hält. Danach ist Improvisation mit anderen Medikamenten wie z. B. Ketanest notwendig. Auch hier beeindruckt die Arbeit nach dem das Motto, „sie machen das Beste aus ihren begrenzenden Möglichkeiten“ und das mit vollem Einsatz. Das passiert oft abends, nachdem das normale Geschäft erledigt ist und die Ärzte Zeit zum Operieren haben. Eigens nur chirurgisch tätige Kollegen gibt es nicht.

FDiesen kritisch klingenden Beobachtungen setzen die Familie Minja und das gesamte ärztliche sowie pflegerische Personal ihren unermüdlichen Arbeitswillen entgegen. Die „medical officers“, ein Ausbildungsberuf, überzeugen mit ihren klinischen Fähigkeiten und behandeln täglich mit großem Engagement und Gelassenheit die Flut der Patientenmengen, die in der „outpatient clinic“, einer Art hausärztlicher Ambulanz teils nach stundenlanger Anreise bei kleineren Problemen Hilfe suchen. Hierbei profitieren die Patienten vom gespendeten Equipment. Endlich können sie auf Stühlen sitzend warten, auf Liegen untersucht werden, oder ein Röntgenbild bekommen.

Besonders überrascht war ich von der modernen Software, mit der Patienten bei jedem Besuch erfasst werden: Symptome und Diagnosen werden digital erfasst, Diagnostik veranlasst, Röntgenbilder darin eingespielt und Medikamente verordnet. So hat der Arzt in der Ambulanz den Überblick über den Krankheitsverlauf sowie die Ergebnisse der Diagnostik und die Apotheke kann direkt die benötigten Medikamente ausgeben, so dass am Schluss die Rechnung für alle Untersuchungen und Medikamente ausgestellt werden kann. Dieses System findet auch Anwendung auf Station bei der täglichen Visite: Mit der elektronischen Akte sind sie manch Krankenhaus in Deutschland voraus!

Beide Söhne und die Tochter der Familie Minja arbeiten tatkräftig im Krankenhaus mit von 7.30 bis oft 22 Uhr und das jeden Tag der Woche, inklusive der Wochenenden! Ohne diesen unglaublichen Arbeitseinsatz der Familienmitglieder und der übrigen Ärzte wäre diese Menge an Patienten nicht zu bewältigen. Die Zeit in Tansania hat viele nachhaltigen Erfahrungen für mich mitgebracht, die ich auf meinem weiteren medizinischen Weg sicher gut gebrauchen kann. Viele selbstverständliche „Notwendigkeiten“ relativieren sich durch diese Eindrücke. Für die Zukunft benötigt das Faraja Hospital sicherlich noch viele sinnvolle Hilfestellungen und weiteren kollegialen Austausch. Den Weg den sie bis jetzt hinter sich gebracht haben ist bereits beeindruckend und lässt hoffen.

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